Wir hatten bereits angedroht, dass wir anlässlich unseres 15-jährigen Bestehens im Rahmen einer losen Artikelreihe ein bisschen aus dem Nähkästchen unserer kleinen Rockmusiknachspielkapelle plaudern wollen, um Euch einen ungefähren Einblick zu geben, wie es bei uns untenrum, …äh, hinter dieser grandiosen Fassade von Sex, Drugs & Rock’n’Roll so aussieht.
Damit wir das ganze nicht in Form von tagebuchartigen Ereignisprotokollen der vergangenen anderthalb Dekaden aufbereiten, die wir Melancholie-trunken sowieso nur unnötig ausschmücken und übermäßig beschönigen würden, haben wir uns stattdessen für das allgemein anerkannte Format eines Interviews entschieden, um unsere Historie angemessen zusammenzufassen.
Bei „vernünftigen“ Bands kommen die Interviewanfragen ja eher von außen und die Befragung wird von einer externen Person durchgeführt, die sich halbwegs darüber im klaren ist, was sie da tut. Bei uns gab es weder das eine noch den anderen und daher haben wir uns den ganzen Zinnober einfach ausgedacht und eine Interview-Situation nachgestellt. Da Kollege Metalbach in seiner Funktion des Iron Priest Pressesprechers aus oben genannten Gründen von jeher etwas unterfordert ist, wurde er ungefragt zum Sprachrohr dieser Aktion auserkoren und der Bassmann musste den Fragesteller mimen, um auch mal etwas künstlerisch Wertvolles zum positiven Gesamtbild dieser Formation beizutragen 😉 Aber nun genug der Einleitung, here we go…
Wer sind die Gründungmitglieder von Iron Priest?
„Stefan „Stotte“ Otte (Gesang u. Gitarre), Timo Behrens (Gesang u. Schlagzeug), Holger Sommer (Bass), Dennis Krüger (Gitarre), Wilhelm „Willi“ Könnecker (Keyboards) und meine Wenigkeit (Schlagzeug u. Gitarre).“
Wie seid Ihr auf die Idee gekommen, Iron Priest zu gründen?
„Die Idee zu Iron Priest hatten Stotte und ich. Zum einen wollten wir schon immer mal die Songs unserer späten Kindheit, bzw. frühen Jugend, die uns musikalisch extrem beeinflusst haben, selbst zocken und zum anderen wurde die Band „Marianne’s Sons“, in der wir damals zusammen gespielt haben, öfters mal für Covermucke angefragt. Da bei den Söhnen der Schwerpunkt aber auf eigenem Material lag, musste eine Band her, mit der man covern konnte. Iron Priest wurde dann sogar ganz gezielt auf den allerersten Auftritt hin gedrillt, das war am 31. Juli 2004 beim MC Wanderratten in Visselhövede.“
Woher/aus welchen anderen Bands kanntet Ihr Euch?
„Stotte und ich haben uns 1997 bei „Marianne’s Sons“ kennengelernt, als er den damaligen Gitarristen Andre Thimm ersetzte. Stotte kannte wiederum Holger Sommer, den ich erst bei der Gründung von Iron Priest kennengelernt habe. Willi Könnecker kannten Stotte und ich von der Rock-Coverband „Jailhouse“ in der wir auch einige Jahre zusammen gespielt haben. Timo Behrens kannten wir beide seit jeher von „Thorn“, bzw. „Distream“, also seit Mitte der 90er, ähnlich wie Dennis Krüger, der damals zu Recht als Riesentalent gehandelt wurde. Ich habe Dennis das erste Mal getroffen, da war er 13 oder 14 Jahre jung und hat mir „One“ von Metallica komplett auf Gitarre vorgespielt, das hat mich schwer beeindruckt…“
Was war/ist die Idee hinter der Band, welche Ziele hattet Ihr? Sind das heute noch die gleichen?
„Die Idee habe ich in der ersten Frage ja bereits angeschnitten: Es ging uns darum, unsere persönlichen Klassiker möglichst oft und auf einem relativ hohen Niveau selbst zu performen und auf die Bühne zu bringen. Das Ziel war, erst mal live zu spielen und Spaß haben. Im Prinzip ist das heute noch so, nur dass wir versuchen, unseren Bewegungsradius stetig zu erweitern und gerne mal in Gegenden und Clubs spielen, wo wir noch nicht waren.“
Das erweiterte Motto der Band lautet „80er Jahre Metalcöver made in Germany“ – wieso gerade diese musikalische Ausrichtung? Hat das auch heute noch Bestand oder geht das Repertoire mittlerweile darüber hinaus?
„Das liegt schlicht und ergreifend am Alter der Bandmitglieder und unsere Vorliebe für harte Musik. Der Heavy Metal der 80er Jahre hat uns geprägt und das kriegst du nie wieder raus. Das sind Songs, die dich meinetwegen mit 14 Jahren in einer ganz bestimmten Lebenssituation begleitet haben. Wenn ich zum Beispiel Metallicas „Master Of Puppets“ aus dem Regal ziehe, habe ich sofort die Bilder vorm inneren Auge, wie ich mit dem Fahrrad zu Dodenhof gefahren bin, um sie mir dort mit meinem eigenen Geld, was ich vorher beim Nachbarn fürs Rasenmähen bekommen habe, zu kaufen. Da es das Internet in seiner heutigen Form noch nicht gab, war das Radio die erste Wahl um an neuen Stoff zu kommen. Wir sind alle nicht unerheblich von der Radio Bremen 4 Sendung „Citybeat Heavy Metal“ bzw. „Wildside“, die von dem legendären Moderator Frank Hinz von 1987 bis 1997 moderiert wurde, beeinflusst worden. Der Gute hat maßgeblich zu unserer musikalischen Sozialisation beigetragen.
Unser Repertoire geht natürlich darüber hinaus, Billy Idol, Beastie Boys, Deep Purple… Das sind alles coole Acts auf die man sich musikalisch einigen kann. Metal beispielsweise ohne Deep Purple würde ganz gewiss heute anders klingen. Auch Judas Priests „Painkiller“ Album kannst du nicht ignorieren, nur weil es von 1990 und nicht von ’89 ist, haha! Es gibt so viel Musik da draußen, die vielleicht nicht „Metal“, aber trotzdem großartig ist.“
Drei der sechs Musiker auf den ersten Bandfotos sind heute nicht mehr in der Band. Was war der Grund für ihren Weggang und was machen sie heute/in welchen Bands spielen sie heute?
„Willi war nur die ersten zwei Proben dabei, da er sehr schnell gemerkt hat, dass er das zeitlich nicht schafft. Er hat ‚Jailhouse‘ noch ein paar Jahre betrieben, ist aber heute nicht mehr musikalisch aktiv.“
„Dennis haben wir 2007 schweren Herzens entlassen, da er immer unzuverlässiger wurde, was wohl mit ein paar privaten Dingen zu tun hatte, die nicht ganz rund liefen. Wir haben aber keinen persönlichen Stress, sondern nach wie vor ein freundschaftliches Verhältnis. Er hat dann einige Zeit bei „4lyn“ gespielt und ist heute hauptsächlich bei der Iron Maiden-Tribute Band „Powerslave“ aus Hamburg tätig.
2009 hat Holger uns verlassen, da seine großartige Rammstein-Tribute Band „Feuerengel“, bei der er immerhin Gründungsmitglied ist, immer größer wurde und es immer öfter zu Terminüberschneidungen kam. Dort ist er heute noch aktiv. 2018 stand er mal wieder für zwei Songs auf einer Privatparty mit uns auf der Bühne, das war sehr nett, wir sind immer noch gute Freunde.“
Woher kommen die „neuen“ Mitglieder, die bis heute bei Iron Priest spielen?
„Carsten Scheuer, der Dennis an der Leadgitarre ersetzte, haben Stotte und ich 1999 beim Bremer Bandcontest „Soundcheck“ im Meisenfrei kennengelernt, wo er mit seiner Band „Scarecrow“ und wir mit Marianne’s Sons gespielt hatten. Wir waren immer locker im Kontakt, und weil er ein Hammer Gitarrist ist, habe ich ihn dann für Iron Priest angehauen.
Lutz Korte, langzeit Bandkollege von Timo, kannten wir ebenfalls seit Ewigkeiten von „Thorn“, bzw. “Distream“. Bevor er fest bei Iron Priest eingestiegen ist, hatte er Holger hin und wieder vertreten, wenn dieser mit „Feuerengel“ unterwegs war, so dass es nur logisch war, ihn fest zu Iron Priest zu holen als Holger in den Sack gehauen hat.
Antonio De Yta ist ein Arbeitskollege von Lutz und war eigentlich als Ersatz für Carsten angeheuert, da dieser tatsächlich auch mal bei Iron Priest aussteigen wollte. Wir haben Carstens Kündigung aber stets erfolgreich ignoriert, bis er glücklicherweise wieder für Iron Priest gebrannt hat und so hatten wir dann plötzlich drei Gitarristen… Antonio kommt gebürtig aus Mexico, hat dort in einer Death Metal Combo namens „Buried Dreams“ gezockt und auch ein Fanzine betrieben, also ein Metalhead durch und durch!“
Wenn Ihr die Band heute noch einmal neu gründen würdet, würdet Ihr das gleiche Konzept wählen oder würdet das ganze anders angehen?
„Da kann ich nur für mich persönlich sprechen und ich würde es wahrscheinlich wieder so machen. Ich liebe es, nicht auf eine zu covernde Band, z.B. Iron Maiden oder AC/DC festgelegt zu sein, sondern quer durch die Heide zu streunen! Das ist aus kommerzieller Sicht nicht unbedingt der einfachere Weg, aber darum geht es uns auch nicht. Dadurch, dass wir zwei Sänger mit völlig verschiedenen Klangfarben in der Band haben, können wir nahezu alles spielen was wir wollen, hier sehe ich die größte Stärke von Iron Priest.“
War der „Alltag“ als Band damals schwerer oder leichter als heute? (z.B. organisatorisch/Vereinbarung mit familiärer Situation/Probensituation…)
„Kann ich gar nicht genau sagen, da wir mit Iron Priest seit dem ersten Tag an ziemlich fokussiert arbeiten. Die Probenplanung war nie ganz einfach. Wenn wir uns allerdings zur Probe treffen, sollten die Songs zuhause vorbereitet sein, so dass wir sie nur noch technisch zusammenbringen müssen. Wir spielen heute auch nur noch Gigs, die uns im Vorfeld als gut organisiert erscheinen, bzw. bei denen wir das Gefühl haben, dass die Grundvoraussetzung und das Umfeld für eine reibungslose Durchführung stimmen. Natürlich hat man trotzdem immer mal wieder einen Stinker dazwischen, das lässt sich wohl nicht vermeiden, aber wir versuchen es bestmöglich. Wir sind im Gegensatz zu früher heute alle Familienväter mit Jobs, wir kommen zusammen auf zehn Kinder, wir können uns Zeitverschwendung nicht leisten.“
Gibt es irgendwelche Anekdoten/Erlebnisse, die Euch aus den Anfangstagen in Erinnerung geblieben sind und die man hier erwähnen sollte?
„Es gibt sehr viele Anekdoten, die ich an dieser Stelle aber lieber für mich behalte um keinen aus der Band, inklusive mir, in die Pfanne zu hauen, haha. Ein Erlebnis hat sich bei mir persönlich aber ganz besonders eingebrannt: Es kam mal vor einer Show eine flüchtige Bekannte zu mir, die ich bestimmt 20 Jahre nicht gesehen hatte. Sie erzählte mir, dass ihr Kind an einem seltenen Gendefekt gestorben sei und sie sich mit ihrem Mann gerade wochenlang Zuhause verkrochen hatte. Als die beiden von unserem Konzert erfahren hatten, haben sie beschlossen endlich mal wieder rauszugehen um sich abzulenken und auf andere Gedanken zu kommen. Da standen mir die Tränen in den Augen und ich dachte, genau dafür machst Du das alles!“
Zugegebenermaßen hatte ich bei der letzten Frage eher damit gerechnet, die üblichen Geschichten von für Außenstehende schwer nachzuvollziehendem infantilem Humor und Alkoholmissbrauch (häufig liegt das ja eng beieinander…) präsentiert zu bekommen, die sich zweifelsohne im Laufe der Jahre auch angesammelt haben (ich weiß das, weil ich bei vielen davon dabei war ;)). Das, was Lennart da geschildert hat, ist aber sicherlich ungleich beeindruckender und wenn wir nicht sowieso auch nach 15 Jahren noch bis in die Haarspitzen motiviert wären, Euch mit Coverversionen der Songs zu beglücken, die wir genauso lieben wie Ihr, dann wären wir es spätestens durch so ein Erlebnis!
Aus welchen Gründen Ihr auch immer zu unseren Gigs kommt: wir freuen uns über jeden Einzelnen von Euch und haben jedes Mal extrem viel Spaß auf der Bühne – das ist etwas, was sich in den letzten 15 Jahren kein Stück geändert hat und wir glauben, dass sich das auch so schnell nicht ändern wird!
Um auch optisch noch mal eine kleine Zeitreise 15 Jahre zurück zu machen, gibt es hier für Euch noch einen Auszug der Fotos, die während der ersten Promofoto-Session direkt nach Gründung der Band entstanden sind:






